Der Eisbär ohne Eis: Klimabotschafter der Neuzeit

Der Rummel um jedes neugeborene Eisbären Baby in den Zoos der Welt scheint riesig. Internationale Presse, Facebook-Profil und Merchandising-Produkte gehören fast schon zum guten Standard. Es ist, als ob die Welt mit dem Interesse an den jungen Tieren die eigenen Schuldgefühle etwas tilgen möchte. Schuldgefühle dafür, dass die Raubtiere nur noch im Zoo ein unbeschwertes Leben führen können. Schuldgefühle dafür, dass der Lebensraum der Eisbären sprichwörtlich unter ihren Füssen wegschmilzt.

Die Zoo-Eisbären Knut und Flocke gehören zu den Superstars der ersten Stunde. Millionen haben verfolgt, wie die kleinen Eisbären durch ihr Gehege getapst sind und sich schließlich zu ausgewachsenen Landraubtieren entwickelt haben – eingespeert und weit weg von ihrem natürlichen Habitat. Der Kult um den Eisbären macht sie auch zu den idealen Klimabotschaftern der Neuzeit.

Doch was ist ein Eisbär ohne Eis?

Der unaufhaltsam fortschreitende Klimawandel greift in hohem Maße in das Leben der größten Landraubtiere der Erde ein. Die Tiere haben messerscharfe Krallen und wenn sie sich aufrichten, ragen sie mehr als mannshoch vor ihrem Gegenüber auf. Im Winter gehört es zur täglichen Routine des Eisbären, dass der geduldig vor Eislöchern hockt. Sein Riechsinn ist ausgeprägt und sein Hörsinn arbeitet in einem Radius von 30 Kilometern. Die Ringelrobbe steht ganz oben auf dem Speiseplan des eigentlichen Allesfressers. Oftmals muss der Eisbär einige Tage ausharren, bis er wieder ein Tier erlegen kann. In einer Saison braucht er bis zu 90 Robben, um sich den nötigen Speck für die Hungerzeit im Sommer anzufressen. Früher war diese Zeit auf ungefähr drei Monate begrenzt. Doch inzwischen bleibt wegen der globalen Erwärmung das Eis länger aus und der Sommer dauert ein paar Wochen länger als es früher noch der Fall war. Forscher berichten, dass sich die Tiere nicht mehr genügend Winterspeck anfressen können und abgemagerte Weibchen können nicht mehr trächtig werden. Oder sie überleben die Geburt der Jungen einfach nicht, weil sie nicht kräftig genug ist.

Und wenn das Eis dann doch endlich kommt ist es auch nicht mehr so wie es einmal war. Die Eisdecke ist dünner und brüchiger. Oft kommt es vor, dass Eisbären einbrechen und ertrinken. Schafft es ein Tier doch noch sich auf eine Eisscholle zu Retten, dann muss es unter großem Energieverlust in sein Gebiet zurückpaddeln. Sorgenfalten bereitet den Forschern die steigende Aggressivität der ausgehungerten Bären, die auch zu Kannibalismus neigen. Auch die Mensch-Bär-Begegnungen nehmen zu, bei denen es meist eher für das Tier tödlich endet. Es wurden auch schon Hybridbären gesichtet – Mischlinge aus Braun- und Eisbären.

Der schrumpfende Lebensraum und die unerträglichen Lebensbedingungen sind alles Zeichen dafür, dass der Eisbär am aussterben ist. Was ist der Eisbär ohne Eis? Nur noch ein Bär?