Einführung CO2 Steuer – Das Dilemma der deutschen Automobilindustrie am Beispiel Porsche

120 Gramm Kohlendioxid-Ausstoß pro Kilometer, dies soll nach Plänen der EU-Kommission ab 2012 der Grenzwert für Neuwagen werden. Diese Richtlinie stellte EU-Umweltkommissar Stavros Dimas am Mittwoch in Brüssel vor. Pro zusätzliches Gramm CO2 werden dann in 2012 zunächst 20 Euro fällig. Diese Strafzahlung soll stufenweise bis 2012 auf 95 Euro angehoben werden. Details dazu gibt es nachzulesen in einer beliebigen Tageszeitung.

Der Aufschrei über die Pläne der EU-Komission unter betroffenen Herstellern, Automobil-Verbänden und Politikern ist in Deutschland besonders hoch, da hier die Dichte der Premium-Hersteller u.a. mit BMW, Mercedes, Audi & Porsche besonders hoch ist. Das Worst-case-Szenario kann in dieser Liste sicherlich Porsche für sich verbuchen, da der durchschnittliche CO2-Ausstoß über die gesamte Produktpalette in 2006 satte 295 g/km betrug. Unseriöse Boulevard-Blätter würden an dieser Stelle die Differenz aus Durchschnittswert und Grenzwert mit den erwähnten 95 Euro multiplizieren und plakativ schreiben: „CO2 STEUER: JEDER PORSCHE WIRD 16.625 EURO TEURER!“. Auch Oberschichtler sind Menschen, also wäre hier tatsächlich Mitleid angebracht. Auf Konsequenzen für die rund 10.000 Mitarbeiter sei nur am Rande verwiesen.

Nun hat die Wiedeking-Piech-Connection natürlich noch einige Jährchen Zeit, bis die Strafzahlung voll durchschlägt, um den mittleren Verbrauch und damit die Emissionen ihrer Sportwagen-Flotte zu verringern. Sei es durch sparsamere Motoren, gesteigerte Effizienz, Hybrid-Antriebe oder was auch immer den Ingenieuren aus dem Schwaben-Ländle so alles einfällt. Dass vier (bzw. acht) Jahre jedoch kaum ausreichen werden, die Modellpalette auf EU-Richtlinien-Tauglichkeit zu trimmen (ohne auf das sportliche Image zu verzichten), sollte aber jedem ersichtlich sein.

Notorische Kleinbürger werfen an dieser Stelle gerne ein, dass man auf Modelle jenseits der gehobenen Mittelklasser mit hunderten von PS eh verzichten kann. Dabei vergessen diese jedoch, dass es die Premium-Autos sind, die den Grad der technischen Innovationen hoch halten. Schließlich zählen heutige Neuheiten in Oberklasse-Modellen in ein paar Jährchen zum Standard auch in den spritsparenden Kleinwagen. Wer würde schon heute noch auf Features in Sachen Komfort (z.B. ferngesteuerter Schließmechanismus, elektrische Fensterheber, …) oder Sicherheit (z.B. ABS, ESP, …) freiwillig verzichten? Wohl niemand, der sich daran gewöhnt hat. Man braucht sie also, die Autos der Kategorie 7er, S-Klasse & A8. Ja, selbst einem 911er könnte man mit sicherheitsrelevanten Aspekten eine Berechtigung zuweisen.

In der aktuellen Situation steht Porsche mit dem Rücken zur Wand, da im gesteckten Zeitrahmen keine vernünftige Anpassungsstrategie vorhanden ist. Es rächt sich jahreslanges Nichstun, denn einen freiwilligen Grenzwert von 160 Gramm CO2 pro Kilometer gibt es schließlich schon seit Jahren. Da hilft nur die Flucht nach vorne und in diesem Falle die Mobilisierung sämtlicher verfügbarer Optionen wie z.B.:

  • Mobilisierung aller möglichen Lobbyisten aus der Wirtschaft
  • Gewinnung der Politik durch das Ziehen der Arbeitsplatz-Vernichtungs-Karte
  • Schmieden einer deutsch-britisch-schwedischen Allianz gegen die bösen intrigierenden Verschwörer aus Frankreich, Spanien und Italien

 

Betrachtet man die Reaktionen insbesondere der Politiker aus deutschen Ländern, können Porsche & Co. hier schon deutliche Erfolge verweisen. Da knickt der wenige Tage zuvor als weltweiter Vorreiter für den Klimaschutz bezeichnete Umweltminister Gabriel vor der Autolobby ein und wirft den Südeuropäer eiskalte Industriepolitik vor. Eigentlich hätte man das eher von Wirtschaftsminister Glos erwartet, der sich aber anscheinend schon im Winterschlaf befindet. Der Verband der Automobilindustrie kritisiert die völlig überzogene Dimension der Strafzahlungen gemessen an anderen Branchen und auch ADAC & Co. rühren kräftig Lobby-Trommel, um die öffentliche Meinung in die „richtige“ Richtung zu lenken.

Was auch immer die nächsten Monate in dieser Diskussion bringen werden, eines ist sicher: Die letzte Schlacht in Sachen CO2 Steuer ist noch lange nicht geschlagen. Genau genommen geht der Krieg jetzt erst richtig los …