Neues Waldgesetz in Brasilien vereinfacht Rodung des Urwaldes

Die Rodung des brasilianischen Regenwaldes wird unaufhaltsam fortgesetzt. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres wurde bereits eine Waldfäche von 900 Quadratkilometern vernichtet – das entspricht der Größe Berlins. In dem fruchtbaren Amazonasgebiet grasen nun Rinder oder es werden riesige Felder für Soja- und Zuckerrohrpflanzen bestellt. Die geschädigte Fläche hat sich damit seit 2010 wieder verdoppelt, nachdem seit 2004 die Einschlagrate stetig gesunken ist. Für Umweltschützer ist dies eine Katastrophe ungeahnten Ausmasses.

Doch anstatt bei dieser unkontrollierten Rodung der tropischen Wälder einzugreifen, erleichtert Brasiliens Politik das ungeheuerliche Vorgehen noch mit einer neuen Gesetzgebung. Das neue Waldgesetz wurde erst vor kurzem mit 410 zu 63 Stimmen im Abgeordnetenhaus verabschiedet. Das offensichtliche Bekenntnis hin zur Agrarindustrie soll dafür sorgen, die USA als größten Lebensmitelexpoteur der Welt zu überholen.

Die Agrarflächen des Südamerikanischen Staates sind in den letzten 10 Jahren um weit mehr als 20 Prozent ausgeweitet worden. Das ermöglicht Brasilien unter anderem die Steigerung des Getreideernte auf 160 Millionen Tonnen jährlich. In den 1970er Jahren waren es durchschnittlich noch etwa 20 Millionen Tonnen pro Jahr. Für die Bauern des Landes bedeutet das aber auch, dass Sie ständig neue Böden erschließen müssen, damit die Erträge pro Hektar die Produktionssteigerung auch decken.

Hier kommt das neue Waldgesetz ins Spiel. Die brasilianischen Politiker haben sich gedacht, dass Brasilien schließlich groß genug ist, um die Produktionssteigerung bewerkstelligen zu können. Bis Dato waren die Großgrundbesitzer des bewaldeten Amazonasgebietes verpflichtet, 80 Porzent des natürlichen Baumbestandes zu erhalten, wenn diese Fläche auf 50 Prozent verkleinert wird. Aus diesen Bestimmungen fallen nur Farmen mit bis zu 440 Hektar raus, die dann vollständig gerodet werden dürfen. An den Flüssen entlang wird der sogenannte Schutzgürtel von 30 Meter auf 15 Meter halbiert. Das hat zur Folge, dass im weltweit größten Flusseinzugsbebiet verstärkt Pestizide und Erdreich in die Wasserläufte geschwemmt werden. Und nicht zu vergessen ist, das illegalen Rodern sogar Amnestie verstprochen wird.

Zwar hat das neue Waldgesetz noch nicht den Senat passiert, und Präsidentin Dilma Rousseff hat ihr Veto gegen die Amnestie angekündigt. Doch es scheint als ob Brasilien, begeistert vom Aufstieg zur fünftgrößten Wirtschaftsmacht der Welt, stärker denn je auf ein Entwicklungsmodell setzt, in dem für Umweltbelange kein Platz ist.
Dem Bau eines gigantischen Wasserkraftwerks am Fluss Xingu hat die brasilianische Regierung trotz zahlreicher Klagen und Bedenken von Wissenschaftlern bereits zugestimmt. Der 17 Milliarden Dollar teure Staudamm, an dessen Bau auch deutsche Firmen beteiligt sind, wäre der drittgrößte der Welt: Mehr als 500 Quadratkilometer Regenwald würden überflutet und das indigene Volk der Kajapó vertrieben.

Brasilien will den Aufstieg zu einem der größten Exporteure mit allen Mitteln vorantreiben. Dabei wird nicht nur keine Rücksicht auf die Umwelt genommen, sondern es wird auch harsch gegen deren Beschützer vorgeganen. Es kommt schon mal vor, dass Aktivisten im Amazonasgebiet verschwinden und umgebracht werden. Der Landkonflikt hat in Brasilien bisher mehr als 200 Menschen das Leben gekostet. Und die sogenannte Agrarmafia hat noch weitere Personen auf ihrer Abschussliste stehen.

Bisher ist bereits mehr als ein Drittel des Waldgebietes zu Schaden gekommen. Und der Konflikt um den erhalt des Amazonaswaldes nimmt so schnell kein Ende.